Wahre Legenden

Wahre Legenden

„Wenn du heutzutage Alleinstellungsmerkmale hast, bist du unerfolgreich“, erzählt Prinz Pi im Interview mit Apple Music. „Das hat mich geärgert und frustriert, deswegen habe ich länger keine Musik gemacht. Aber irgendwann hab ich gedacht: Sch**ß drauf!“ Es gibt noch so einiges mehr, was den Berliner Rapper nervt, und definitiv noch sehr viel mehr, worüber er sich Gedanken macht auf „Wahre Legenden“. Falsche Schönheitsideale, die Klimakatastrophe, Generalentschuldigungen. Im Track by Track hat er darüber genauso gesprochen wie über seine Träume und die Liebe zu seiner Familie.Willkommen zu Haus„Ich mag auf Klavier basierende Songs am liebsten. Der Song erzählt sofort etwas über meine Jugend, aber geht auch in die Jetzt-Zeit – eine gute Sneak Preview darauf, was einen auf dem Album so erwartet.“Keine Liebe 2019„Als ich ‚Keine Liebe‘ damals schrieb, war ich gerade 18. Für mich ist das weniger ein Songtitel oder eine Fortsetzung als ein ‚state of mind‘. Damit meine ich nicht, dass ich mich als lieblosen Menschen empfinde, sondern eher, dass die Welt uns den Beweis gibt, dass sich die Menschen nicht so krass lieb haben. Gefühlt lernt niemand dazu. Faschismus ist in fast jedem europäischen Land wieder auf dem Vormarsch und ich frage mich, warum. Es ist doch noch nicht lange her, dass wir sagten: ‚Niemals wieder‘.“Die Gedanken sind frei„Für Gedanken gibt es keine Grenzen und eigentlich darf es die für Menschen auch nicht geben. Wir sind auf dieser Erde sowieso schon begrenzt und können nicht einfach auf einen anderen Planeten abzischen. Wir sollten alle so frei sein wie unsere Gedanken. Die Leute fliehen, weil es Kriege gibt. In 20 Jahren könnten es noch viel mehr sein, weil die Klimakatastrophe uns dazu zwingt. Die Veränderungen können wir noch gar nicht abschätzen.“Nachtschicht„Unser allergrößtes Problem zur Zeit ist die Fragmentierung. Vor gar nicht langer Zeit haben die Leute noch versucht, einen Konsens zu erreichen. In der UN ging es darum, gemeinsam einen Konflikt zu lösen. Auch die EU hat allgemeingültige Regeln aufgestellt. Das hat vielleicht nicht immer zu 100 % gepasst, aber es ist definitiv ein besserer Ansatz, als wenn jeder sagt: ‚Der Rest ist uns sch**ßegal und kann zur Hölle fahren.‘ Mit dieser Einstellung werden wir alle verlieren. Dieses Strömung macht mir Angst.“Arme Sau„Es geht darum, dass Leute sich als Opfer stilisieren. Wenn sie ihr Trauma als Generalentschuldigung dafür nehmen, sich selbst schlecht zu verhalten und es als Art Tarnung vor sich hertragen, werden sie selbst zu Tätern und können krasses Unheil anrichten. Über dieses Thema wird wenig gesprochen.“Los„Man fragt sich ja bei Freunden oft: ‚Warum kommst du immer mit dem gleichen Typ zusammen? Du solltest doch wissen, wie es endet.‘ Darüber wollte ich mal reden.“Weiße Rose„Ein Liebeslied für meine Frau. Wenn man die richtige Person findet, erscheint alles ein Stück größer, als es nüchtern betrachtet eigentlich ist. Aber die eigene Wahrnehmung ist ja das Wichtigste. Wenn ich es als perfekt und filmreif empfinde, ist es das auch.“Schwarz„Es geht um Depressionen und um schlechte Stimmung, die jeder Mensch ja mal hat. Ich habe immer Angst, das etwas nicht so funktioniert, wie ich es will. Dass ich einen Unfall habe und nicht mehr arbeiten kann. Dass ich meine Sehkraft verliere. Manches ist irrational, manches rational. Wenn man Nachrichten sieht, merkt man, dass es wieder Krieg geben könnte – das ist gar nicht so weit hergeholt.“Laserstrahlen„Im Türkischen gibt es dieses Bild, dass jemand ‚Auge auf dich macht‘, also sozusagen jemand den bösen Blick auf dich legt. Das finde ich ein schönes Bild dafür, wenn einer neidisch ist und sich wünscht, dass es dir nicht mehr so gut geht. Diese Laserstrahlen gehen nicht mal unbedingt von anderen aus. Es kann auch eine reflektierende Oberfläche sein, auf die du blickst und die auf dich zurückzielt. Wenn du Angst hast und in den Spiegel schaust, schaut dich ein angsterfülltes Gesicht an.“Wölfe„‚Gelb‘ und ‚Wölfe‘ sind für mich Computerspiele-Songs. Es gab einen großen Krieg, eine Katastrophe, eine Zombie-Apokalypse oder whatever. Danach werden die Karten neu gemischt und du musst von vorn anfangen. Was ist, wenn du in deinem Haus mit deiner Familie vor dem Feuer sitzt und draußen die wilden Tiere rumschleichen?“So viele Fragen„Ich beschreibe in dem Song Reisen nach Japan und in den Libanon. Man hat Annahmen über bestimmte Orte, gespeist von Büchern und Nachrichten und so. Vor Ort ändert sich die Wahrnehmung oft komplett.“Überlebende Legenden„Natürlich ein Wortspiel. Es geht ums Älterwerden im Freundeskreis und wie sich Freundschaft im Laufe der Zeit verändert. Man lernt sich in der Jugend kennen und geht mit den Jahren komplett unterschiedliche Wege. Irgendwann trifft man sich nur noch, wenn einer stirbt.“Gelb„Ich wollte Farbakzente auf dem Album setzen. ‚Weiße Rose‘, ‚Schwarz‘ – ‚Wölfe‘ wollte ich eigentlich ‚Grau‘ nennen, weil es eine dunkle, unschöne Zukunftsvision zeigt. Wir haben heute sehr analytisches, weißes LED-Licht. Wenn es irgendwann mal wieder so ist, dass man nur noch Feuer hat, ist das etwas Gelbliches, genau wie die Sonne. Wenn Sonne durchs Gras scheint – das finde ich ein schönes Bild.“Technicolor„Auch ein Song über die Liebe zu meiner Frau. In der Zeit der Technicolor-Filme wurden die Sachen nicht noch künstlich extrem gesteigert. Die Wahrnehmung heute ist komplett unrealistisch und das Schönheitsideal auf Instagram hat etwas sehr Künstliches. In der Wahrheit wird sich das nicht bestätigen, weil du in echt eben kein Photoshop hast. Mein Schönheitsideal kann nicht zerbrechen, weil die Erwartungshaltung nicht so ist, dass sie enttäuscht werden könnte.“Immer nur zu dir„Diese ganzen Posts von Leuten auf Reisen implizieren immer: ‚Da ist es schöner. Ich wünschte, ich wäre immer noch dort.’ Und ich denke dann: ‚Wenn du lieber da wärst, warum bist du es nicht? Warum wohnst du da nicht?’ Ist doch schade, wenn man an seinem eigentlichen Wohnort permanent unzufrieden ist. Diese Flucht aus dem Alltag, dieses sich am Wochenende zusaufen, Drogen nehmen – warum braucht man das? Warum ist der Alltag so krass schlimm, dass man davon weg will?“Heimweg„Mein Sohn ist gerade viereinhalb. Wann immer ich ihn nicht sehe, habe ich das Gefühl, was zu verpassen. Man ist so jäger- und sammlermäßig unterwegs, um die Knete für die Familie ranzuschaffen und seine Sachen zu machen und freut sich jedesmal aufs Nachhausekommen, um zu sehen, was es Neues bei ihm gibt. Er ist natürlich manchmal traurig, wenn ich keine Zeit habe. Mit dem Song will ich ihm erklären, dass ich das nur für ihn mache, und mir nichts Besseres vorstellen kann, als bei ihm zu sein.“Unter Brücken aus Stahl„Mit diesem Song schließt sich der Kreis des Albums. Man hat immer Träume, egal in welchem Alter. Und diese Träume sind immer noch zu groß, als dass ich sie erreichen könnte. Ich hätte gern noch zwei, drei Kinder, will Sachen noch genauer auf den Punkt bringen können. Ich will noch vieles sehen, vieles leisten.“

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